Nachhaltigkeitssiegel für Arztpraxen: Ein Schritt in Richtung grüner Gesundheitsversorgung

Das Siegel "Nachhaltige Arztpraxis - Klima.Umwelt.Mensch" wurde durch das aQua-Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH) in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK), den Instituten für Allgemeinmedizin der Universitäten Frankfurt, Heidelberg und Köln sowie der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. (KLUG) ins Leben gerufen. Es handelt sich hierbei um eine Auszeichnung für Arztpraxen, die sich in besonderer Weise für den Klimaschutz und einen umweltschonenden Umgang mit Ressourcen einsetzen, indem sie ihre Abläufe und Prozesse grundlegend nachhaltig gestalten. Neben umwelt- und klimaschützenden Maßnahmen werden auch soziale Aspekte bei der Vergabe des Siegels berücksichtigt.   

Zum Erwerb des Siegels haben das aQua-Institut und seine Partner verschiedene Online-Schulungen, wissenschaftliche Informationsmaterialien, Videos und Checklisten entwickelt, die sich speziell mit den Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen befassen und dabei einen besonderen Fokus auf Arztpraxen legen. Die verschiedenen Materialien sind über eine eigens konzipierte eLearning-Plattform für die Angestellten der Praxis zugänglich und können dort flexibel, abhängig von der Integrationsmöglichkeit in den Praxisalltag, bearbeitet werden. Die vermittelten Maßnahmen und Empfehlungen sind gezielt an die Bedürfnisse und Erfordernisse einer Arztpraxis angepasst. 

Um das Nachhaltigkeitssiegel zu erlangen, muss eine Praxis nacheinander verschiedene Stufen durchlaufen. In der ersten Phase werden zunächst vier als CME-Fortbildung anerkannte eLearning-Kurse absolviert. Diese vier Module decken verschiedene Themenbereiche mit jeweils definierten Dimensionen und Indikatoren ab (Tabelle 1). In ihnen werden die Grundlagen von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienz vermittelt sowie verschiedene Stellschrauben aufgezeigt, mit denen eine Anpassung der Praxisabläufe hin zu mehr Nachhaltigkeit erfolgen kann. Mit Hilfe verschiedener Begleitmaterialien wird beim Absolvieren der Module eine Bestandsaufnahme der eigenen Praxis hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz durchgeführt. Anschließend kann in Zusammenarbeit mit dem Praxisteam eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden. Geplante und umgesetzte Maßnahmen werden dabei zentral auf einem Portal dokumentiert.

In der dritten Phase erfolgt ein Audit durch das aQua-Institut, üblicherweise als Videokonferenz, in dem die individuellen Ergebnisse der Praxis validiert und bewertet werden. Die abschließende vierte Phase beinhaltet eine unabhängige Prüfung durch die Stiftung Praxissiegel e. V. Es wird evaluiert, ob die erbrachten Leistungen die Qualitätsanforderungen für den Erwerb des Nachhaltigkeitssiegels erfüllen. Dabei müssen bestimmte Kernanforderungen der jeweiligen Themenbereiche erfüllt sein, sowie eine Mindestzielerreichung über alle Themenbereiche vorliegen. Bei Erfolg wird das Nachhaltigkeitssiegel für drei Jahre verliehen.

Praxen oder medizinische Einrichtungen mit überdurchschnittlich guten Ergebnissen erhalten ein Siegel mit Exzellenzstufe. Für Schulungen und Umsetzung der Maßnahmen sollten Praxen etwa acht Monate einplanen.

Die Integration ökologischer und sozialer Aspekte in den Praxisbetrieb ist nicht nur moralisch geboten, sondern oft auch wirtschaftlich sinnvoll. Nachhaltigkeit birgt ein erhebliches Potenzial für Effizienz und Innovation. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen und optimierte Prozesse kommen nicht nur der Umwelt zugute, sondern auch den Praxen selbst. So können beispielsweise die Reduzierung des Energieverbrauchs oder die Nutzung von wiederverwendbaren Materialien langfristig zu Kosteneinsparungen führen. Doch das Nachhaltigkeitssiegel bietet noch einen weiteren finanziellen Vorteil: So wurde in Baden-Württemberg der HZV-Vertrag mit der Techniker Krankenkasse dahingehend geändert, dass mit dem Nachhaltigkeitssiegel ausgewiesenen Praxen ab dem 1. April 2024 ein jährlicher Zuschlag von neun Euro auf die Grundpauschale in Höhe von 65 Euro gewährt wird. Hat die Praxis darüber hinaus das Nachhaltigkeitssiegel mit Exzellenzstufe erreicht, beträgt der Zuschlag sogar zwölf Euro. Zusätzlich kann durch nachhaltige Praktiken ein gesundes Arbeitsumfeld für Mitarbeiter geschaffen werden. Ein Praxisteam, das zufrieden und flexibel ist, kann letztendlich auch dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Praxis zu erhöhen.

Für viele Ärztinnen und Ärzte stellt sich darüber hinaus die Frage, wie sie ihre Praxis als nachhaltig positionieren können. Das neue Nachhaltigkeitssiegel eröffnet Arztpraxen die Chance, nicht nur ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren, sondern auch ihre Sichtbarkeit bei immer umweltbewussteren Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Für viele Ärztinnen und Ärzte stellt sich darüber hinaus die Frage, wie sie ihre Praxis als nachhaltig positionieren können. Das neue Nachhaltigkeitssiegel eröffnet Arztpraxen die Chance, nicht nur ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren, sondern auch ihre Sichtbarkeit bei immer umweltbewussteren Patientinnen und Patienten zu erhöhen.

Der Erwerb des Siegels kann zu einem bedeutenden Imagegewinn führen, indem er das Engagement einer Praxis für mehr Klimaschutz, Resilienz und Nachhaltigkeit in der Gesundheitsversorgung signalisiert und zeigt, dass die Praxis Verantwortung für die Zukunft von Planet und Menschheit übernimmt. Nicht zuletzt ist die Absolvierung der verschiedenen eLearning-Module als Fortbildung von der Ärztekammer anerkannt und es können insgesamt acht CME-Punkte (2 Punkte pro Modul) gesammelt werden.